Es hat lange gedauert, bis ich wieder in der Lage war, einen zusammenhängenden Text zu formulieren. Ich habe komplett unterschätzt, was meine erste „SPIEL“ mit meinem Gehirn anstellen würde. Ich frage mich, wie es den Menschen ergangen ist, die komplexe Expertenspiele erklärt haben…

Nützliche Dating Tipps

Mit „Treehouse Diner“ habe ich wirklich einen Glücksgriff gemacht – ein gutes Familienspiel bringt Menschen auf spielerische Art zusammen. Das merkt man auch als Erklärerin. Ich hatte während der Runden oft die Möglichkeit, mir einige Anekdoten erzählen zu lassen. Wenn Menschen durch ihre Küchen und Bestellungen etwas abgelenkt sind, kommt man auch viel schneller ins Gespräch. (Mein Geheimtipp für Dates!)

Ja, ich bin ein Stubenhocker

Die vergangene Woche habe ich mich in einem Zustand zufriedener Erschöpfung befunden. Ich habe viel auf dem Sofa gelegen und versucht, möglichst wenig zu denken und zu sprechen. Leider ist man ab und an dazu gezwungen.

Belässt man mich in meinem natürlichen Habitat, bin ich gern allein und tue möglichst stille Dinge. Je ruhiger und einsamer, desto besser. Es ist also kein Geheimnis, dass die größte internationale Brettspielmesse meiner natürlichen Neigung widerspricht. Mein erster Eindruck war eine Art überwältigtes Staunen. Ich war ein bisschen spät dran. (Lass dich nicht mit der Bahn ein!) Deswegen musste ich mich möglichst schnell durch einen zähen Strom aus Menschen quetschen, um den Stand von Funtails zu finden. Das hat 25 Minuten gedauert! Einmal angekommen, musste ich noch die Toilette finden. Das war mindestens genauso schwierig – obwohl man mir geholfen hat! Kennst du dieses Gefühl, ein blutiger Anfänger zu sein? Hilflos und verwirrt? Genau so hat sich das angefühlt.

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Endlich ein Wohnzimmer-Ersatz!

Als ich einmal am Stand war, hat sich meine Überforderung komplett gewendet. Ich wurde sehr herzlich begrüßt, mit Wasser, Nahrung und Shirts versorgt und konnte mich ganz dem „Treehouse Diner“ widmen. Ab diesem Moment hat sich der Stand angefühlt wie ein Wohnzimmer. Zugegeben, war es sehr viel voller und lauter als in meinem Wohnzimmer – aber ich konnte mich nur auf die Menschen an meinem Tisch konzentrieren. Genau hier haben all die schönen Messeerfahrungen stattgefunden: die Gespräche, begeisterten Küchenhilfen, kleinen Sieger und all die Hustenbonbons, die mir dankend angeboten wurden.

Ich hatte erwartet, dass ich an meinem freien Tag auf der Messe in einen Spiel- und Kaufrausch verfalle. Stattdessen habe ich das Funtails-Wohnzimmer vermisst. Dort ist die Zeit ein bisschen langsamer vergangen. Hier konnte ich in aller Ruhe erklären und mich unterhalten.

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Schauspielerische Höchstleistungen

Ein Besucher hat mir erzählt, dass er ein Geburtstagsgeschenk für seine siebenjährige Nichte sucht. Während des Spielens hat er sich beeindruckend intensiv damit auseinandergesetzt, wie sie das Spiel spielen würde. Das war eine emphatische Meisterleistung, ich war sehr beeindruckt. Ich könnte nicht mal müde und betrunken ein Spiel wie meine Nichte spielen! Kinder bauen so unerwartete Wendungen in Spiele ein. Das kann man sich als Erwachsener kaum ausmalen.

Die Grenzen meiner spielerischen Leistungen

Die Runden mit echten Kindern waren mit Abstand die besten. Das konnte auch die schauspielerische Leistung des eben erwähnten Mannes nicht ausgleichen. Hier und da hatte ich auch eine Erwachsenenrunde, die lautstark mitgefiebert hat, ob die richtigen Zutaten aufgefüllt oder passende Bestellungen ausgelegt werden. Aber die Kleinsten haben alles in den Schatten gestellt. Besonders glücklich waren sie natürlich, wenn sie die meisten Siegpunkte gesammelt hatten – was gar nicht so selten passierte! In einer Runde habe ich sogar mitgespielt und mit 6 zu 21 Punkten haushoch gegen die achtjährige Caroline verloren. Bevor wieder jemand fragt: Ja, ich habe mir Mühe gegeben. Sogar sehr viel! In diesem Moment habe ich kurz gezweifelt, ob ich meinen Master wirklich schaffe. Aber Caroline war eine wirklich starke Gegnerin!

Normalerweise bin ich eine verkopfte Expertenspielerin, die aus jedem Zug die Effizienz quetscht wie den Saft aus einer Zitrone. Aber diese Runde gegen Caroline hat meinen Ehrgeiz geweckt. Ich habe noch einige weitere Runden mitgespielt, um meinen gebrochenen Stolz wieder aufzubauen. Ich war jedes Mal komplett involviert, obwohl die grundlegenden Mechaniken des Spiels sehr viel familientauglicher sind, als ich es gewohnt bin.

Großes Lob von kleinen Menschen

Die jüngeren Mitspieler haben mich auch oft nach den Mitarbeitern von Funtails gefragt. Da war ich natürlich stolz und habe rüber zu Maikel oder Hans gezeigt, die meistens auf der Instabil unterwegs waren. Ich glaube, es hat sich niemand getraut, wirklich rüberzugehen und den Piraten „Hallo!“ zu sagen. Aber ihr wurdet bestaunt – vor allem Hendrik, der die niedlichen Tiere -ich zitiere- „gemalert“ hat.

Von dem riesigen Andrang auf der „Feed the Kraken“-Seite unseres Standes kann ich nur aus der Entfernung berichten. Wir haben die schockierten Ausrufe und die Diskussionen mitbekommen. Manchmal habe ich mir ein Brötchen hinter der Theke abgeholt und kurz einen Blick auf die Matrosinnen werfen können – es war immer alles besetzt! Im Nachhinein hat mir Andreas verraten, dass im Schnitt alle 6 Minuten ein Exemplar von „Feed the Kraken“ einen neuen Besitzer gefunden hat – erfolgreicher als bekannte Datingplattformen. Wir im „Treehouse Diner“ waren auch gut beschäftigt. Aber das scheint eine echte Regatta gewesen zu sein!

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Du hast es vielleicht schon auf Facebook oder Instagram gelesen: ich habe es wirklich genossen, für diese „SPIEL“ Teil des Funtails-Teams zu sein. Es ist etwas ganz besonders zu sehen, wie die Spiele gespielt werden, an denen all diese Menschen mit viel Leidenschaft gearbeitet haben. Jedes „Das hat Spaß gemacht!“ macht richtig stolz. Obwohl ich nur 2 Monate als Praktikantin mitgearbeitet habe, hat mich das Funtails-Fieber gepackt. Als ich mich dann auf den Heimweg machen musste, haben meine Emotionen zwischen Vorfreude aufs eigene Bett und Wehmut stark geschwankt.

PS: Ehemalige Praktikantin Ingelis hatte 2019 für den Blog ebenfalls von ihrem ersten Eindruck von der „SPIEL“ berichtet. Hier geht´s zur Zeitreise.

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