Philosophie und Spiele

Ich liebe Logik (die Lehre von der Struktur des Denkens) – und Brettspiele. Wenn ich nicht Praktikantin bei Funtails bin, studiere ich Philosophie. Weil Logik und Brettspiele in meinem Herzen so nah beieinander liegen, habe ich mein Forschungsprojekt zu Regeln in komplexen Erwachsenenspielen gemacht. Ich habe es liebevoll „die Lust an der Logik“ getauft.

Nachdem ich im Studium viel in theoretischen Konstrukten gebadet habe, möchte ich in meiner Zeit bei Funtails sehen, wie diese Theorien angewendet werden, um gute Spiele zu produzieren. Das fühlt sich ein bisschen so an, als hätte man lange theoretisch zu Tiefseeschnecken geforscht, um nun endlich ein Exemplar zu Gesicht zu bekommen.
analytical person

Philosophie und Spiele

Ich liebe Logik (die Lehre von der Struktur des Denkens) – und Brettspiele. Wenn ich nicht Praktikantin bei Funtails bin, studiere ich Philosophie. Weil Logik und Brettspiele in meinem Herzen so nah beieinander liegen, habe ich mein Forschungsprojekt zu Regeln in komplexen Erwachsenenspielen gemacht. Ich habe es liebevoll „die Lust an der Logik“ getauft.

Nachdem ich im Studium viel in theoretischen Konstrukten gebadet habe, möchte ich in meiner Zeit bei Funtails sehen, wie diese Theorien angewendet werden, um gute Spiele zu produzieren. Das fühlt sich ein bisschen so an, als hätte man lange theoretisch zu Tiefseeschnecken geforscht, um nun endlich ein Exemplar zu Gesicht zu bekommen.
analytical person

Der Genuss guter Regeln

Wenn man einmal angefangen hat in die Tiefen guter Regeln zu tauchen, kommt man so schnell nicht mehr an die Oberfläche. Ihr seid schon längst auf den Geschmack gekommen, sonst wärt ihr nicht hier. Deswegen lasse ich es mir nicht nehmen, euch für einen kurzen Exkurs zu entführen.

Das Kind im Spieler

Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass unsere erste Spielerfahrung nicht mit „Glen More II: Chronicles“ angefangen hat. Die ersten Spiele im Leben spielen wir eher mit unseren Füßchen, nicht mit Meeples in Schottenröcken. Auf den ersten Blick ist das eine sehr weit vom anderen entfernt. Trotzdem bin ich bin schon tief in der Welt von „Glen More“ versunken, habe Whiskey gebrannt und Burgen gebaut. Ich würde trotzdem sagen, dass sich diese kindliche Faszination auf äußerst rationale Art äußert.

Der Genuss guter Regeln

Wenn man einmal angefangen hat in die Tiefen guter Regeln zu tauchen, kommt man so schnell nicht mehr an die Oberfläche. Ihr seid schon längst auf den Geschmack gekommen, sonst wärt ihr nicht hier. Deswegen lasse ich es mir nicht nehmen, euch für einen kurzen Exkurs zu entführen.

Das Kind im Spieler

Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass unsere erste Spielerfahrung nicht mit „Glen More II: Chronicles“ angefangen hat. Die ersten Spiele im Leben spielen wir eher mit unseren Füßchen, nicht mit Meeples in Schottenröcken. Auf den ersten Blick ist das eine sehr weit vom anderen entfernt. Trotzdem bin ich bin schon tief in der Welt von „Glen More“ versunken, habe Whiskey gebrannt und Burgen gebaut. Ich würde trotzdem sagen, dass sich diese kindliche Faszination auf äußerst rationale Art äußert.

Hartnäckige Neugierde

Diese Neugier, die uns dazu drängt, Neues zu erproben, bleibt uns erhalten. Der Spieltrieb treibt uns dazu, die Welt zu unserem Vorteil zu nutzen, zu lernen und zu üben. Tiere und Menschen, die ihre Fähigkeiten erproben müssen, fangen im Spiel damit an. Die Qualität dieses Spieltriebs verändert sich jedoch, sobald wir älter werden.

Als Kind entdecken wir spielerisch die Welt, in der wir leben müssen. Im Laufe unserer ersten Lebensjahre kommen wir vom Betasten unserer Füße schon bei ersten Fantasiespielen an. Dieses Spiel wird durch die Grundregeln unseres Lebens bestimmt: physikalische Gesetzmäßigkeiten, physische Grenzen, soziale oder kulturelle Regeln.

Die ersten Brettspiele, die wir spielen bedienen sich einfacher konstruierter Regeln. Typische Mechanismen sind zufallsgesteuert oder berufen sich auf Fähigkeiten, die bei Kindern bereits sehr gut entwickelt sind. Wer hat nicht schon mal gegen eine 5-jährige im Memory verloren? Die Regeln eines Familienspiels wollen ein Erlebnis auf Augenhöhe ermöglichen, das gewohnte Gefälle zwischen Erwachsenen und Kindern aufbrechen. Bei einem Familienspiel verbringen wir Zeit zusammen – mit allem, was dazu gehört. Alle Beteiligten lernen Konfliktbewältigung, Frustrationstoleranz und viele weitere wichtige zwischenmenschliche Fähigkeiten. Im besten Fall durchleben wir ein bindendes Erlebnis.

Entwicklungsgrafik

Hartnäckige Neugierde

Diese Neugier, die uns dazu drängt, Neues zu erproben, bleibt uns erhalten. Der Spieltrieb treibt uns dazu, die Welt zu unserem Vorteil zu nutzen, zu lernen und zu üben. Tiere und Menschen, die ihre Fähigkeiten erproben müssen, fangen im Spiel damit an. Die Qualität dieses Spieltriebs verändert sich jedoch, sobald wir älter werden.

Als Kind entdecken wir spielerisch die Welt, in der wir leben müssen. Im Laufe unserer ersten Lebensjahre kommen wir vom Betasten unserer Füße schon bei ersten Fantasiespielen an. Dieses Spiel wird durch die Grundregeln unseres Lebens bestimmt: physikalische Gesetzmäßigkeiten, physische Grenzen, soziale oder kulturelle Regeln.

Die ersten Brettspiele, die wir spielen bedienen sich einfacher konstruierter Regeln. Typische Mechanismen sind zufallsgesteuert oder berufen sich auf Fähigkeiten, die bei Kindern bereits sehr gut entwickelt sind. Wer hat nicht schon mal gegen eine 5-jährige im Memory verloren? Die Regeln eines Familienspiels wollen ein Erlebnis auf Augenhöhe ermöglichen, das gewohnte Gefälle zwischen Erwachsenen und Kindern aufbrechen. Bei einem Familienspiel verbringen wir Zeit zusammen – mit allem, was dazu gehört. Alle Beteiligten lernen Konfliktbewältigung, Frustrationstoleranz und viele weitere wichtige zwischenmenschliche Fähigkeiten. Im besten Fall durchleben wir ein bindendes Erlebnis.

Entwicklungsgrafik

Spieltheorie

Diese grundlegenden Charakteristiken des Spielens verschwinden im Erwachsenenalter nicht einfach. Einerseits prägen vergangene Spielerfahrung unsere Haltung zum Erwachsenenspiel. Andererseits lernen wir auch als Erwachsene gleichermaßen, machen gemeinsame Erfahrungen, haben zusammen Spaß. Ich erwähnte das hier so ausdrücklich, weil dieser Aspekt des Spiels im Vernunftkalkül des Wettkampfspiels (z.B. Schach) stärker in den Hintergrund tritt. Dieses Kalkül wird ausgiebig in der Spieltheorie der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften untersucht.

Hier ist besonders bemerkenswert, dass die Spieltheorie menschliche Entscheidungen im Allgemeinen betrachtet. Wer spielt, kalkuliert, entscheidet und taktiert. Diese Tätigkeiten sind alles andere als weltfremd und trainieren viele Vorgänge und Anforderungen, denen wir täglich begegnen.

Grafik Philosophie
Grafik Philosophie

Spieltheorie

Diese grundlegenden Charakteristiken des Spielens verschwinden im Erwachsenenalter nicht einfach. Einerseits prägen vergangene Spielerfahrung unsere Haltung zum Erwachsenenspiel. Andererseits lernen wir auch als Erwachsene gleichermaßen, machen gemeinsame Erfahrungen, haben zusammen Spaß. Ich erwähnte das hier so ausdrücklich, weil dieser Aspekt des Spiels im Vernunftkalkül des Wettkampfspiels (z.B. Schach) stärker in den Hintergrund tritt. Dieses Kalkül wird ausgiebig in der Spieltheorie der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften untersucht.

Hier ist besonders bemerkenswert, dass die Spieltheorie menschliche Entscheidungen im Allgemeinen betrachtet. Wer spielt, kalkuliert, entscheidet und taktiert. Diese Tätigkeiten sind alles andere als weltfremd und trainieren viele Vorgänge und Anforderungen, denen wir täglich begegnen.

So viele Regeln!

Ein Spiel und seine Regeln erzeugen einen Raum, in dem wir handeln. In diesem Raum möchte ich mich meistens möglichst effizient bewegen, um zu gewinnen. Wir haben also zwei Arten von Regeln, welche die uns bekannten Spielwelten erschaffen. Einerseits haben wir das Regelheft, andererseits die effizienten Handlungen im Spiel, die sich logisch von ersterem ableiten lassen.

Ein kurzes Beispiel: Ich würde nicht sagen, dass ich „Glen More“ spiele, wenn ich die Meeple gegen eine Wand werfe. Das wäre nicht regelkonform (oder zumindest ein anderes Spiel). Aber auch wenn ich ziellos Plättchen aneinanderreihe, wäre es nicht das Spiel, das ich so sehr mag – auch, wenn es nach dem Regelwerk zulässig wäre. Primärregeln sagen dir, was du zu tun und zu lassen hast. Sekundärregeln leitest du dir selbst ab, um möglichst effizient zu spielen.

Interessant an diesen Sekundärregeln ist, dass sie nur teilweise deckungsgleich sind. Bis zu einem gewissen Punkt sind sich die Spieler*innen am Tisch einig, was eine kluge Strategie wäre. In den Feinheiten fasern diese Ableitungen aber auseinander – die eine nutzt die Gegebenheiten des Spiels effizienter aus als der andere.

Primärregeln
Sekundärregeln

So viele Regeln!

Ein Spiel und seine Regeln erzeugen einen Raum, in dem wir handeln. In diesem Raum möchte ich mich meistens möglichst effizient bewegen, um zu gewinnen. Wir haben also zwei Arten von Regeln, welche die uns bekannten Spielwelten erschaffen. Einerseits haben wir das Regelheft, andererseits die effizienten Handlungen im Spiel, die sich logisch von ersterem ableiten lassen.

Ein kurzes Beispiel: Ich würde nicht sagen, dass ich „Glen More“ spiele, wenn ich die Meeple gegen eine Wand werfe. Das wäre nicht regelkonform (oder zumindest ein anderes Spiel). Aber auch wenn ich ziellos Plättchen aneinanderreihe, wäre es nicht das Spiel, das ich so sehr mag – auch, wenn es nach dem Regelwerk zulässig wäre. Primärregeln sagen dir, was du zu tun und zu lassen hast. Sekundärregeln leitest du dir selbst ab, um möglichst effizient zu spielen.

Interessant an diesen Sekundärregeln ist, dass sie nur teilweise deckungsgleich sind. Bis zu einem gewissen Punkt sind sich die Spieler*innen am Tisch einig, was eine kluge Strategie wäre. In den Feinheiten fasern diese Ableitungen aber auseinander – die eine nutzt die Gegebenheiten des Spiels effizienter aus als der andere.

Primärregeln
Sekundärregeln
Mädchen spielt Schach

Villen und Abstellkammern

Das Grundregelwerk öffnet eine Welt und legt auch die Grenzen dieser fest. Dies passiert aber nicht nur durch die expliziten Ge- und Verbote, sondern auch durch die Sekundärregeln, die aus ihnen folgen. Die Primärregeln können wirken wie eine Villa mit unendlichem Handlungsspielraum – wenn ich aber jedes Spiel dasselbe tun muss, um zu gewinnen, ist der tatsächliche Spielraum nur eine schäbige Abstellkammer. Beim Schach passen die Grundregeln in die Abstellkammer und eröffnen Spielwelten, die kaum zu überblicken sind. Die Primärregel besagt hier beispielweise, dass der Turm nur gerade schlagen und ziehen darf. Die Sekundärregeln wiederum füllen ganze Kapitel: der Turm sollte in einer offenen Reihe platziert werden, im Mittelspiel eher Richtung Zentrum entwickelt werden, usw. Schach wäre ein uninteressanteres Spiel, wenn sich aus den Grundregeln nur sehr wenige Möglichkeiten ableiten ließen, um zu gewinnen.

Die redaktionelle Arbeit an Spielregeln muss also auch die impliziten Auswirkungen einer Spielregel mitbedenken. Welche menschlichen Handlungen folgen tatsächlich, wenn ich eine bestimmte Regel vorgebe? Ergibt sich eine dominante Strategie, oder entstehen mehrere gleichwertige Spielzüge, deren spezifische Vor- und Nachteile sich während des Spiels verändern können? Ist der gleiche Zug unterschiedlich viel Wert, je nachdem zu welchem Spielzeitpunkt er erfolgt? Variiert seine Wertigkeit aufgrund der angewandten Strategien der Mitspieler?

Es lohnt sich, diese Gedanken mit an den Spieltisch zu nehmen. Man kommt ins Staunen, das kann ich versprechen.

Mädchen spielt Schach

Villen und Abstellkammern

Das Grundregelwerk öffnet eine Welt und legt auch die Grenzen dieser fest. Dies passiert aber nicht nur durch die expliziten Ge- und Verbote, sondern auch durch die Sekundärregeln, die aus ihnen folgen. Die Primärregeln können wirken wie eine Villa mit unendlichem Handlungsspielraum – wenn ich aber jedes Spiel dasselbe tun muss, um zu gewinnen, ist der tatsächliche Spielraum nur eine schäbige Abstellkammer. Beim Schach passen die Grundregeln in die Abstellkammer und eröffnen Spielwelten, die kaum zu überblicken sind. Die Primärregel besagt hier beispielweise, dass der Turm nur gerade schlagen und ziehen darf. Die Sekundärregeln wiederum füllen ganze Kapitel: der Turm sollte in einer offenen Reihe platziert werden, im Mittelspiel eher Richtung Zentrum entwickelt werden, usw. Schach wäre ein uninteressanteres Spiel, wenn sich aus den Grundregeln nur sehr wenige Möglichkeiten ableiten ließen, um zu gewinnen.

Die redaktionelle Arbeit an Spielregeln muss also auch die impliziten Auswirkungen einer Spielregel mitbedenken. Welche menschlichen Handlungen folgen tatsächlich, wenn ich eine bestimmte Regel vorgebe? Ergibt sich eine dominante Strategie, oder entstehen mehrere gleichwertige Spielzüge, deren spezifische Vor- und Nachteile sich während des Spiels verändern können? Ist der gleiche Zug unterschiedlich viel Wert, je nachdem zu welchem Spielzeitpunkt er erfolgt? Variiert seine Wertigkeit aufgrund der angewandten Strategien der Mitspieler?

Es lohnt sich, diese Gedanken mit an den Spieltisch zu nehmen. Man kommt ins Staunen, das kann ich versprechen.