Einblick hinter die Kulissen

In der neuesten Folge unseres Funcasts tauchen wir tief in die faszinierende Welt der Brettspielentwicklung ein. Swantje führt uns zusammen mit Maikel aus der Redaktion durch die spannende Reise von der ersten Idee bis zum fertigen Brettspiel, das auf eurem Tisch landet. Das klingt doch einfach, oder? Ist es nicht. Zwischen Idee und eurer Erstpartie liegen zahllose Schritte – und bei jedem einzelnen muss alles richtig laufen.

Die Reise beginnt

Die Reise eines Spiels beginnt mit einer Vision und einer Idee, die oft über Jahre reift, bevor sie an einen Verlag herangetragen wird. Maikel erklärt, dass die wenigsten Autoren hauptberuflich Spiele entwickeln; für die meisten ist es ein Nebenprojekt. Dennoch steckt hinter jeder Spielidee eine Menge Arbeit und vor allem Leidenschaft.

Das Geheimnis des Erfolgs

Ihr habt euch schon immer gefragt, wie wir Spielideen und Prototypen beurteilen? Maikel teilt endlich das „Geheimnis“, das hinter erfolgreichen Vorschlägen an uns als Verlag steht. Genauer gesagt sind es 3 ziemlich komplexe Geheimnisse, die schwer zu meistern sind.

Das Spiel sollte in dem Moment, in dem wir es die ersten Male spielen, mindestens zwei von den folgenden drei Schlüsselelementen beinhalten. Wir machen es uns zur Aufgabe, das Fehlende zu ergänzen und das Vorhandene zu perfektionieren.

Eine Spielidee braucht:

  • Something new & spicy! – Etwas Neues und Innovatives
  • Values that matter! – Ein ausgeklügeltes Balancing
  • Tell me a story! – Eine fesselnde Geschichte

Innovation: Something new & spicy

Der erste Pfeiler des Erfolgs ist die Innovation. Maikel erläutert, dass dies bedeuten kann, entweder eine völlig neue Spielmechanik zu erfinden, die es so noch nicht gibt, oder bekannte Mechaniken in einer frischen, unerwarteten Weise zu kombinieren. Diese Innovationen sind der Schlüssel, um Spieler*innen neue Erfahrungen bieten zu können und sie auf eine Weise zu fordern, die sie nicht kommen sehen. Ein Spiel, das es schafft, das Bekannte neu zu erfinden oder das Unbekannte zugänglich zu machen, hat die erste Hürde zum Erfolg bereits genommen.

Balancing: Values that matter

Der zweite Pfeiler dreht sich um das Balancing – ein Kernstück jedes Brettspiels. Ein ausgeklügeltes Balancing sorgt für ein flüssiges, intuitives Spielerlebnis. Maikel betont, wie wichtig es ist, dass die verschiedenen Spielmechaniken harmonisch zusammenarbeiten, ähnlich den Zahnrädern einer Uhr. Jeder Aspekt des Spiels, von den Kartenwerten bis hin zu den Bewegungsregeln, muss eine klare Funktion haben und zum Gesamterlebnis beitragen. Ein gut durchdachtes Spiel fühlt sich für die Spieler belohnend und rund an – jede Komponente hat ihren Platz und erfüllt einen Zweck.

Erzählung: Tell me a story

Der dritte und vielleicht immersivste Pfeiler ist die Erzählung. Ein Spiel, das eine Geschichte erzählt oder eine Welt zum Leben erweckt, in der sich die Spieler*innen verlieren können, bietet ein immersives Erlebnis, das weit über das physische Spielbrett hinausgeht. Maikel erklärt, wie die thematische Gestaltung eines Spiels dessen Mechaniken eine tiefere Bedeutung verleihen und den Spieler*innen hilft, sich an Regeln zu erinnern, indem sie intuitiv durch die Geschichte geleitet werden. Eine starke, überzeugende Erzählung kann ein Spiel unvergesslich machen und ist oft der Schlüssel, um zu begeistern.

Dieser Einblick ist ein guter Anhaltspunkt für alle, die einen Blick in die Welt der Spieleentwicklung werfen möchten oder sogar selbst dabei sind, erste (oder zweite) Schritte zu gehen. Indem sie diese Prinzipien beherzigen, können junge Autor*innen und Entwickler*innen Spiele schaffen, die nicht nur unterhalten, sondern auch inspirieren und in Erinnerung bleiben.

Die Rolle des Verlags – vom Konzept zur Realität

Sobald eine Idee Funtails erreicht, beginnt ein neues Kapitel für die Spielidee. Die Vision des Spiels wird geschärft, die Zielgruppe definiert und der künstlerische Prozess gestartet. Der Verlag übernimmt die Aufgabe, die Mechaniken zu verfeinern und das Spiel für die Produktion vorzubereiten. Dieser Prozess umfasst nicht nur die künstlerische Gestaltung und das Design, sondern auch die Feinabstimmung der Spielregeln und das Playtesting, um sicherzustellen, dass das Spiel sowohl herausfordernd als auch unterhaltsam ist.

Unsere Devise dabei: Alle 3 genannten Säulen müssen nicht nur vorhanden, sondern auch optimiert sein und so kombiniert werden, dass sie einander ergänzen. Die Kunst liegt darin, die Elemente so verschmelzen zu lassen, dass sie ein kohärentes, ansprechendes und letztendlich spaßiges Spielerlebnis schaffen. Das Redaktionsteam von Funtails arbeitet hierbei eng mit den Autor*innen zusammen.

Die Development Phase – von der Vision zur Produktion

Wenn ein Spiel so überzeugend ist, dass es verlegt werden soll, dann muss man sich Gedanken über das Auftreten und die Vermarktung des Spiels machen. Wie soll das fertige Spiel überhaupt aussehen, welche Emotionen und Gefühle sollte man bei Betrachtung des fertigen Produktes haben? 

Kreative Prozesse

Dazu werden unterschiedliche Skizzen und Kunststile ausprobiert. Bei einem “Feed the Kraken” beispielsweise versucht sich unser Künstler Hendrik durch externe Hilfsmittel wie Musik, Podcasts und Berichte in die Rolle eines Piraten zu versetzen und diese Emotionen durch seine Illustrationen in das Spiel fließen zu lassen. 

Zielgruppendefinition und Marketing

Gleichzeitig beginnt der Prozess, auf sein Produkt aufmerksam zu machen. Der erste Schritt besteht darin, zu definieren, für wen das Spiel überhaupt erscheinen soll. Also die Frage nach der Zielgruppe. Hilfreich beim Eingrenzen ist, sich bildhaft vor Augen zu führen, wer am Tisch sitzt und das Spiel spielen soll. Dann gilt es, einen Projektsteckbrief für das Spiel anzulegen. Darin sammelt man zum einen die technischen Daten einen Spiels (Anzahl der Spieler*innen, Spieldauer, Spielmaterial, etc.) und eine knappe Zusammenfassung davon, was die Kernidee des Spiels sein soll. Maikel vergleicht den Steckbrief mit einem Filmplakat. Wenn man einen Blick darauf wirft, soll klar sein, worum es geht und für wen es sich eignet.

Und dann geht es darum, euch darauf aufmerksam zu machen, dass es ein neues Spiel gibt. Die Arbeit von Swantje ist dabei, gezielte Orte zu suchen, wo sich die Zielgruppe für das Spiel bewegt. 

Die Bedeutung von Haptik und Spielerfahrung

Da ein Brettspiel bei Funtails darauf ausgelegt ist als physisches Objekt auf eurem Tisch zu landen, ist es wichtig den Prototypen dahingehend zu optimieren, dass sich das Spielen auf einem Tisch für die Spieler*innen gut anfühlt. Prototypen sind meistens auf Funktionalität ausgelegt und diese gilt es beizubehalten, dabei aber zugänglicher und schöner zu gestalten. Dazu gehören Fragen wie, welches Spielmaterial notwendig ist, was Spieler*innen alles in den Händen halten müssen und können und vor allem, wie man Spielprozesse übersichtlich gestalten kann. Denn eines ist wichtig, die Haptik trägt, wie vieles andere auch, maßgeblich zur Immersion bei.

Die Rolle unsere „erweiterten Familie”

Auch eure Rückmeldung aus der Community beeinflusst, wie unsere Spiele am Ende aussehen. Das ist einer der Gründe, warum wir schon früh im Designprozess unsere Grafiken teilen und eure Meinungen einholen. Also behaltet das bitte bei. Denn es nützt am Ende niemanden, wenn wir ein Spiel herausbringen, was keinem gefällt.

Ende der Development Phase

Jetzt wird alles zusammengefügt. Unsere Grafiken werden zusammen mit den Regeln und den Materialvorschlägen in einen Topf geworfen und es wird ein Prototyp konzipiert. Dabei ist es uns wichtig, Rücksprache mit den Autoren der Spiele zu halten und diese in den Prozess mit einzubinden. In dieser Phase entsteht das User Interface. Es wird geklärt, was an Informationen an welchen Stellen im Spiel vermittelt werden müssen und inwiefern wir Prozesse durch Sprache oder Grafiken veranschaulichen können. Entscheidend in dieser Phase ist es, schnell, kreativ und adaptierbar zu sein. Ein erster Prototyp muss nicht grafisch perfekt sein oder einen Kunstpreis gewinnen. Einfache Symbole und ein Programm wie PowerPoint oder Paint sind für den ersten Prototypen absolut ausreichend. 

Produktion

Wir befinden uns jetzt an einem Punkt, an dem wir wissen, was unser Spiel für Elemente haben soll. Der nächste Schritt ist es, diese einzelnen Elemente genau zu spezifizieren. Das bedeutet, wir legen fest, welche Kartenform und -art wir verwenden, wie groß und dick ein mögliches Spielbrett sein soll, etc. Daraus entsteht ein Spezifikationsblatt, auf dem alle Komponenten des Spiels mit ihren Materialeigenschaften aufgelistet sind. Das Blatt geht an die Produktionsfirma und dann gilt es, Produktionskosten zu ermitteln und diese möglichst zu reduzieren, ohne dabei die Qualität zu vernachlässigen. Dabei gibt es einige Tricks, um Kosten einzusparen. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel alles auf eine Stanzbogengröße anzupassen. Ein Stanzbogen ist eine quadratische Form, innerhalb der möglichst viele Formen des Spiels Platz finden und anschließend maschinell ausgestanzt werden. Dabei kann es passieren, dass man innerhalb eines Stanzbogens am Ende mehr Material erhält, als das Spiel eigentlich braucht, weil man den Platz effektiv nutzen möchte. Grund dafür ist, dass es billiger ist, das gewünschte Material auf vorhandenem Platz auf großen Stanzbögen mit anderen Teilen mit zu produzieren, als nochmal einen neuen kleineren Stanzbogen erstellen zu lassen, der dann die exakte Anzahl an benötigtem Material produziert. 

Das Ende

Zum Schluss des Prozesses passieren dann Dinge wie Barcodes auf der Verpackung, letzte Durchgänge durch die Anleitungen und natürlich spielen wir das Spiel mit Testpersonen, die das Spiel noch nicht kennen. Wenn alle diese Schritte zu unserer Zufriedenheit verlaufen, dann geben wir den Auftrag in die Produktion und das Spiel wird in größerer Menge hergestellt. Aber selbst dann dauert es noch eine ganze Weile, bis das Spiel bei euch auf dem Tisch landet. 

Warum das so ist, erklären wir euch in einem anderen Podcast. 😉